Defence‑Readiness‑Check: Passt Defence zu Ihrem Unternehmen?
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Die europäische Politik setzt seit 2024 deutlichere industriepolitische Leitplanken: Die European Defence Industrial Strategy (EDIS) formuliert Ziele für eine reaktionsfähige, resiliente Industrie; das European Defence Industry Programme (EDIP) soll zwischen 2025 - 2027 konkrete Maßnahmen mit EU‑Mitteln anstoßen. Die Logik dahinter: kurzfristige Notfallinstrumente ablösen und die industrielle Basis planbar stärken.
Gleichzeitig adressierte das EU‑Instrument ASAP (Act in Support of Ammunition Production) zwischen Juli 2023 und Juni 2025 akute Engpässe in Munitions‑ und Komponentenketten - als Brücke, bis strukturelle Programme tragen. Für Unternehmen ist das ein klares Signal: Investitionen in Kapazität und Qualität werden politisch flankiert.
Auch die Nachfrageseite ist belastbar: Die NATO weist in ihrem aktuellen Ausgabenbericht steigende Verteidigungsbudgets aus; mehr Alliierte erreichen die 2‑Prozent‑Quote. Für Zulieferer bedeutet das mittel‑ bis langfristig stabilere Programmpfade.
Deutschland ergänzt diesen Rahmen mit einem nationalen Beschleunigungsgesetz: Der Kabinettsentwurf vom 23. Juli 2025 zielt darauf, Planung und Beschaffung zu vereinfachen und zu beschleunigen - parlamentarische Befassung vorausgesetzt. Wer Defence als Markt prüft, sollte konkrete Auswirkungen auf Verfahren und Fristen kennen.
„Erfolg im Defence‑Markt entsteht, wenn Technik, Prozesse und Compliance dieselbe Sprache sprechen – dann wird aus einer Option eine realistische Chance.“
Defence ist weniger „nur Technik“, sondern vor allem: konsequente Nachweisführung - in Qualität, Sicherheit, Compliance und Beschaffung. Vier Punkte prägen den Unterschied zu vielen zivilen Märkten:
1. Qualitätsmanagement und Normen
In Luft‑ und Raumfahrt sowie Verteidigung gilt die Norm EN 9100 die eine Ergänzung zur bestehenden Norm ISO 9001 ist. Sie verlangt kontrollierte Änderungen, lückenlose Rückverfolgbarkeit und dokumentierte Produktsicherheit; teils kommen vertragliche NATO‑Qualitätsforderungen hinzu.
2. Informations‑ und Cyberschutz
Die EU‑weite Cybersicherheitsrichtlinie NIS2 verlangt ein systematisches Risikomanagement, klare Meldewege bei Vorfällen und klare Verantwortlichkeiten im Unternehmen. Sobald Projekte vertrauliche oder eingestufte Informationen betreffen - etwa Unterlagen „Nur für den Dienstgebrauch“ - müssen Räume, Rollen, IT‑Systeme und Schulungen passend organisiert sein. Grundlage ist in Deutschland die Verschlusssachenanweisung, das zentrale Regelwerk für den Umgang mit solchen Informationen.
3. Exportkontrolle
Die EU‑Dual‑Use‑Verordnung regelt Exporte sensibler Güter, Software und Daten. Bei US‑Bezug können zusätzlich die Regelwerke ITAR und EAR gelten - idealerweise sollte dies früh geprüft werden, und nicht erst im Zuge der Angebotsabgabe.
4. Öffentliche Beschaffung und Rollenverständnis
In Deutschland ist das Beschaffungsamt der Bundeswehr die zentrale Instanz. Vergaben folgen speziellen Regeln; entscheidend sind Eignungsnachweise, eingehaltene Fristen und vollständige Unterlagen - nicht nur der Preis.
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Ob Defence für Ihr Unternehmen eine realistische Chance ist, entscheidet sich selten an einer einzigen Hürde. Es ist die Summe aus Marktnähe, Nachweisfähigkeit und Ihrer Bereitschaft, bestimmte Spielregeln konsequent zu leben.
Starten Sie beim Wertangebot: Lässt sich Ihre Kernkompetenz - Hardware, Software, Werkstoff, Verfahren - in einem wehrtechnischen Teilsegment so konkret beschreiben, dass ein realer Anwendungsfall denkbar ist, ohne das Produkt neu zu erfinden? Unternehmen mit Erfahrung in regulierten Branchen (z. B. Aviation, Rail, Medtech) bringen häufig die richtige „DNA“ mit: strukturierte Prozesse, Audit‑Routine, belastbare Dokumentation. Wird EN 9100 perspektivisch zum Pflichtfeld, hilft es, die zusätzlichen Anforderungen zur ISO 9001 bereits mitzudenken - ebenso, welche AQAP‑Vorgaben ein künftiger Vertrag enthalten könnte.
Informationsschutz ist dabei keine nachgelagerte Pflicht, sondern Grundvoraussetzung. Prüfen Sie, ob NIS2-Vorgaben Ihr Unternehmen betreffen und ob Risiko-, Melde- und Schulungsprozesse fest verankert sind. Für Projekte mit Verschlusssachen gilt zusätzlich: VS-NfD-Prozesse, Räumlichkeiten und Zuständigkeiten müssen gemäß VSA organisiert werden – einschließlich möglicher Sicherheitsüberprüfungen nach SÜG.
Auch bei Exportkontrollen lohnt es sich, frühzeitig Klarheit zu schaffen. Produkte und Technologien sind nach EU-Recht zu klassifizieren. Enthält Ihre Lösung US-Komponenten, Software oder Technikdaten, kann eine ITAR/EAR-Betroffenheit hinzukommen – mit entsprechenden Registrierungs- und Lizenzpflichten. Diese Themen gehören an den Anfang, nicht in die Angebotsendphase.
Für die Industrialisierung zählt, dass Defence reproduzierbare Qualität verlangt. Prüf-, Rückverfolgbarkeits- und Änderungs-management sind hier unerlässlich. Je nach Produkt können besondere Qualifikationen erforderlich sein, etwa eine Herstellerqualifikation nach DIN 2303 bei wehrtechnischen Fügeverfahren. Kapazitäten, Prüfmittel und Nachweise sollten so geplant sein, dass sie im Vergabeverfahren belastbar sind.
Wer Beschaffung versteht, versteht den Kunden. In Deutschland führt kaum ein Weg am BAAINBw vorbei; die VSVgV regelt Verfahrensarten, Eignungs- und Nachweise sowie Fristen. Erfolgreich ist, wer Anforderungen früh sauber spiegelt und zugleich in konsortialen Strukturen denken kann – Tier-2/3-Zulieferungen oder Technologiepartnerschaften sind oft pragmatische Einstiege.
Was für Defence spricht: planbare Programmlogiken, politischer Rückenwind , gezielte Beseitigung von Engpässen und die Aussicht, vorhandene Kompetenzen in sicherheitsrelevanten Anwendungen zu skalieren. Was Sie investieren müssen: Zeit und Disziplin in Qualität, Informationsschutz, Exportprozesse und die professionelle Navigation öffentlicher Vergaben. Wer das bewusst angeht, reduziert Reibungsverluste - und beschleunigt die Lernkurve Richtung Angebotsreife.
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